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Daten tausender Bundesbürger ungeschützt im Internet


"Deutsche Gewinner Zentrale"
Daten tausender Bundesbürger ungeschützt im Internet

Sascha Plischke

12.10.2010Lesedauer: 3 Min.
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Verbraucherschutz warnt vor neuer Betrugsmasche mit angeblicher Gewinnspielteilnahme.Vergrößern des Bildes
Verbraucherschutz warnt vor neuer Betrugsmasche mit angeblicher Gewinnspielteilnahme. (Quelle: dpa/dpa-bilder)

Hunderttausende Datensätze von Bundesbürgern liegen ungeschützt im Internet. Die Daten, die t-online.de vorliegen, stammen von einem türkischen Call-Center, das nach Informationen der Verbraucherzentrale seit Jahren unter dem Namen "Deutsche Gewinner Zentrale" mit verschiedenen Betrugsmaschen in Deutschland aktiv ist. Brisant ist der Inhalt der Dateien: In ihnen sind nicht nur Namen und Adressen tausender Deutscher gespeichert, sondern auch Geburtsdatum und Bankverbindung – wertvolle Informationen, die nun auch anderen unseriösen Anbietern zur Verfügung stehen könnten.

Es sind brisante Daten, die in mehreren Excel-Tabellen auf dem türkischen Server liegen. Sie enthalten Namen, Adressen und Telefonnummern hunderttausender Bundesbürger, dazu Geburtstag und sogar Bankverbindungen der gespeicherten Personen. Woher die Daten stammen, ist unklar. Wozu sie dienen, ist jedoch weniger geheimnisvoll: Die Dateien lassen sich dem türkischen Call-Center-Unternehmen Alpphone zuordnen. Den Tabellen ist zu entnehmen, dass sie für die Kampagne "Deutsche Gewinner Zentrale" eingesetzt werden sollen. Unter diesem Namen ist das türkische Unternehmen seit Jahren in Deutschland aktiv – mit durchaus unseriösen Methoden.

Betrugsmasche mit angeblicher Gewinnspielteilnahme

Die Masche ist dabei einfach. Die Call-Center-Agenten des Unternehmens rufen bei denen in den Tabellen gespeicherten Bürgern an und geben sich als Vertreter der "Deutschen Gewinner Zentrale" aus. Der Angerufene habe 1000 Euro gewonnen, nachdem ihn das Unternehmen angeblich in seinem Auftrag bei einem Gewinnspiel angemeldet habe. Akzeptiert der vermeintliche Glückspilz den Gewinn, gilt das dem türkischen Unternehmen als Bestätigung eines bestehenden Vertrages für die automatische Anmeldung bei Gewinnspielen. Innerhalb weniger Tage landet statt des versprochenen Gewinns eine Rechnung im Briefkasten des arglosen Opfers, der Rechnungsbetrag wird automatisch abgebucht.

Seit einigen Monaten versucht es das Unternehmen auch anders herum: Der Angerufene habe seine Teilnahme an der automatischen Gewinnspielanmeldung gekündigt. Die Kündigung müsse er nun jedoch noch telefonisch bestätigen. Tut er dies, gilt auch das als Eingeständnis eines Vertragsverhältnisses, auch in diesem Fall flattert eine Rechnung ins Haus.

"Zu einhundert Prozent Betrug"

"Das ist zu einhundert Prozent Betrug", sagte Matthias Wins von der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern, der sich seit Jahren mit dieser Masche des Telefonbetrugs beschäftigt. Die Betrüger setzen vor allem auf die Leichtgläubigkeit der Opfer. Wer nicht sofort klein bei gibt, wird mit dutzenden Anrufen bombardiert. "In manchen Fällen werden die Leute bis zu 30 oder 40 Mal angerufen", so Wins im Gespräch mit t-online.de. Besonders alte Menschen fielen dieser Masche zum Opfer. Sie ließen sich leichter einschüchtern und zur Zahlung unseriöser Rechnungen bewegen. Dass vor allem Senioren in das Visier der Anrufer geraten sind, legen auch die gefundenen Daten nahe – das belegen die Geburtsdaten der in den Tabellen gespeicherten Personen. Wie die umfangreichen Datensätze zusammengetragen wurden, ist noch unklar. "Alpphone" selbst wirbt auf seiner Internetseite, telefonisch Neukunden für T-Mobile zu werben. Die Unternehmen streiten jedoch ab, mit dem dubiosen Call-Center Geschäfte gemacht zu haben.

Schutz gegen unerlaubte Telefonwerbung fällt schwer

Schützen können sich Bundesbürger gegen die Anrufe nicht. Die Daten stammen oft aus den Beständen von Adresshändlern. Oft haben die angerufenen Menschen tatsächlich vor geraumer Zeit an einem Gewinnspiel teilgenommen – von dort haben ihre Daten den Weg bis in die Bestände des türkischen Unternehmens gefunden. Auch die Teilnahme an einer Kaffeefahrt könne Unternehmen wie Alpphone Daten wie Adresse oder Bankverbindung in die Hände spielen, so Verbraucherschützer Wins. Ein Gesetz gegen unerlaubte Telefonwerbung ist zwar seit 2009 in Kraft. Unternehmen, die wie Alpphone ihren Sitz im Ausland haben, müssen jedoch kaum Konsequenzen befürchten.

Gegen den angeblich am Telefon zu Stande gekommenen Vertrag und die automatischen Abbuchungen der unseriösen Anbieter können sich Betroffene jedoch sehr wohl wehren. Wer eine auffällige Abbuchung von seinem Konto bemerkt, kann sie von seinem Bankinstitut rückgängig machen lassen. Den Vertrag können Opfer ganz einfach schriftlich widerrufen, eine entsprechendes Musterdokument bietet das Bundesjustizministerium auf seiner Internet-Seite zum Download an.

Daten für jedermann im Internet abrufbar

Besonders Besorgnis erregend ist jedoch, dass die Daten ungeschützt im Internet verfügbar sind. Offenbar hat das türkische Unternehmen einfach vergessen, den Zugang zu dem entsprechenden Server gegen den Zugriff Dritter zu schützen. Sie stehen nun jedem Internetnutzer zur Verfügung. Auf diese Weise könnten auch weitere unseriöse Unternehmen in den Besitz der sensiblen Daten gelangen – und sie für die selben halbseidenen Maschen verwenden. Verbraucherschützer Wins berichtet von Fällen, in denen Opfer von mehreren Unternehmen zur Kasse gebeten wurden: "Bei uns haben sich Bürger gemeldet, bei denen gleich 15 Mal von unbekannten Firmen vom Konto abgebucht wurde." Auch der Online-Redaktion der Bild lagen die Excel-Dateien von Alpphone vor. Als man Mitarbeiter des Call-Center-Unternehmens über die Datenpanne informierte und dabei Fragen stellte, sei in mehreren Fällen schlichtweg aufgelegt worden.

Wie sich Verbraucher gegen Abzockmaschen im Internet wehren können, zeigt der PDF-Download Das Anti-Abzock-ABC im Computer Insider. Der kostenpflichtige Premiuminhalt beantwortet die wichtigsten Fragen zu Abzockmaschen und Abmahnungen.

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